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Der Venlo-Zwischenfall

Britische Geheimagenten am 9.11.1939 entführt

VON PETER KOBLANK (2006)


Major Stevens, Captain Best, Lieutenant Klop.

Am 9. November 1939 wurden - zwei Monate nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs - an der niederländisch-deutschen Grenze bei Venlo zwei Offiziere des britischen Secret Intelligence Service nach Deutschland entführt. Dieses Ereignis ging als Venlo-Zwischenfall (engl.: Venlo Incident) in die Geschichte ein.

Major Richard Henry Stevens und Captain Sigismund Payne Best waren Leiter zweier britischer Geheimdienst-Organisationen mit Sitz in Den Haag und vorrangig für die Spionage in Deutschland zuständig.

Verhandlungen mit vermeintlichen Hitler-Gegnern in der Wehrmacht

Im Herbst 1939 knüpften sie von den Niederlanden aus Kontakte mit vermeintlichen deutschen Hitlergegnern in der Wehrmachtsführung. Hinter diesen verbargen sich aber in Wirklichkeit deutsche Geheimdienstagenten unter Leitung von Walter Schellenberg.


Mark XV-Sender.

Die bei mehreren Treffen sowie und über einen den Deutschen ausgehändigten Geheimsender ausgetauschten Informationen fanden in London Beachtung auf höchster Ebene. Premierminister Neville Chamberlain und Außenminister Lord Halifax sahen die Chance, dass Hitler von der Wehrmachtsführung beseitigt und der Krieg schon nach wenigen Monaten wieder beendet werden konnte.

Entführung an der niederländisch-deutschen Grenze

Am 9. November 1939 - einen Tag nach Georg Elsers missglücktem Bürgerbräuattentat auf Hitler in München - liefen Stevens und Best an der niederländisch-deutschen Grenze bei Venlo einem deutschen SS-Sonderkommando in eine Falle und wurden nach Deutschland entführt. Dabei wurde der niederländische Geheimdienstoffizier Dirk Klop erschossen.

Cafe Backus Quelle: Sigismund Payne Best, The Venlo Incident, London 1950 Café Backus an der niederländisch-deutschen Grenze in der Nähe von Venlo, wo Best und Stevens entführt wurden.

Die NS-Propaganda präsentierte Best und Stevens der internationalen Presse als Hintermänner des Elser-Attentats.

Der Venlo-Zwischenfall machte weite Teile des britischen Spionagenetzes in West- und Mitteleuropa nahezu wertlos. Er führte zum Rücktritt des niederländischen Geheimdienstchefs und lieferte Hitler im Mai 1940 eine Rechtfertigung für den Einmarsch in den Niederlanden, deren Neutralität durch die Zusammenarbeit mit dem Secret Service in Frage gestellt war. Im Informationsheft GB wurden Insider-Informationen dargestellt, die auf Aussagen von Best und Stevens basierten.

Nach über fünf Jahren deutscher Gefangenschaft wieder frei

Die beiden überlebten ihre über 5-jährige Gefangenschaft in den KZ's Sachsenhausen und Dachau und erlangten im April 1945 in Südtirol die Freiheit. Dort entdeckte Best per Zufall den Schnellbrief zur Liquidierung Georg Elsers.

Sigismund Payne Best veröffentlichte 1950 seine Memoiren unter dem Titel The Venlo Incident und verbreitete in diesem Bestseller eine Reihe falscher Informationen über Georg Elser.

Geheimakte 'Venlo Incident'

2009 wurde das Dossier Venlo Incident des britischen Außenministeriums veröffentlicht und ausgewertet, das ursprünglich bis 2015 gesperrt war. Dieser 35-seitigen Geheimakte ist zu entnehmen, dass die Briten seinerzeit davon ausgingen, es mit echten Hitlergegner zu tun zu haben und dass von ihrer Seite ernstgemeinte Verhandlungen geführt wurden.


Sigismund Payne Best: The Venlo Incident (Memoiren)
Walter Schellenberg: Der Venlo-Zwischenfall (Memoiren)
Alfred Naujocks: Der Venlo-Zwischenfall (Memoiren)
Geheimakte "Venlo Incident"
Alexander Cadogan: Hitlers Agenten (Tagebuch)
Callum MacDonald: Politische Motive in London und Berlin
Firmen der Organisation Z in den Niederlanden
Café Backus damals: Skizze von Best und Bilder
Synoptische Darstellung des Venlo-Zwischenfalls
Walter Schulze-Bernett: Der Grenzzwischenfall bei Venlo/Holland
Anlage des Reichsinnenministers zum Memorandum vom 9.5.1940
Informationsheft GB
Café Backus heute

Dieser Artikel ist Teil der Online-Edition Mythos Elser.