Anlage zum Memorandum der Deutschen Reichsregierung an die Niederlande und Belgien vom 9.5.1940
DER REICHSMINISTER DES INNERN.
Berlin, den 29. März 1940.
BERICHT
1) Schon während des Weltkrieges arbeitete der englische Nachrichtendienst nicht nur mit dem mit
England verbündeten Belgien eng zusammen, sondern er konnte sich der Unterstützung massgeblicher amtlicher
Stellen des auch damals neutralen Holland versichern. Auch damals konnte England und der englische
Nachrichtendienst mit bewusster Unterstützung des neutralen Holland seinen Krieg mit den Mitteln der
Zersetzung, Bestechung, Sabotage und Blockade führen, und zwar
1)
unter dem englischen Nachrichtenoffizier Tinsley (Reserveoffizier der R.N.) gegen das deutsche Heimatgebiet,
2)
unter Admiral Gordon Campbell gegen die deutsche Marine,
3)
unter dem Major Wallinger und
4)
unter Hauptmann Cameron, beide für die englische Territorialarmee gegen die deutsche Front.
Tinsley's Büro lief unter der Firma Uranium Steam Ship Comp. Unter seinen Mitarbeitern befanden sich ausser dem
später emigrierter südafrikanischen Juden und Engländer Hauptmann Landau der spätere Nachfolger Tinsley's und PCO.
in Den Haag Dalton, der Engländer Service alias Saunders, u.a.
Die Hauptarbeit in wirtschaftlicher Beziehung gegen Deutschland (Schwarze Listen usw.) lag beim Rotterdamer
englischen Generalkonsul, dessen wichtigsten Mitarbeiter der jüdische Handelsattache Oppenheimer war.
Wesentlichster Verbindungsmann der Engländer zu holländischen Behörden war damals der englische Hauptmann
Bennet, der durch den holländischen Kommissar von Rotterdam van der Pol Nachrichten über Deutschland und alle
Hilfen polizeilicher Art erhielt. Die beste Unterstützung erhielten aber die Engländer seinerzeit schon
durch den Vertrauensmann der holländischen Königin, den Polizeikommissar van 't Sant in Rotterdam, der
nicht nur selber englisches Geld nahm, sondern als Vertrauter des holländischen Prinzgemahls Heinrich der
Niederlande die Verbindung zu diesem herstellte. Die Unterstützung des kostspieligen Lebens des Prinzgemahls
mit englischen Nachrichtengeldern bildete dann die letzte Sicherung für das reibungslose Arbeiten des englischen
Nachrichtendienstes im "neutralen Holland".
2) Es ist bekannt, dass nach dem Weltkrieg diese enge Arbeitsgemeinschaft mit dem neutralen Holland und mit
dem heute neutralen Belgien nicht aufgegeben wurde, sondern bestens ausgebaut, mit bestem Wissen und Billigung
amtlicher Stellen immer weitergeführt wurde, und heute, den englischen Befehlen gehorchend, mit Hochdruck arbeitet.
Die Organisation des Secret Intelligence Service, die mit ihren Offizieren. Vertrauensmännern und englischen
wie ausländischen Agenten im englischen Weltreich mehr innerpolitische Funktion, ausserhalb des englischen Weltreichs
nachrichtendienstliche, wirtschaftlich-propagandistische und Sabotage-Funktionen politischer und militärischer Art ausübt,
wurde bisher von dem am 4.11.1939 verstorbenen Admiral Sinclair (C.S.S.) geleitet. Die Geschäfte hat zur Zeit sein
ständiger Vertreter, Oberst Stewart Menzies, übernommen.
Das organisatorische Gerippe im englischen Reich wie in den außer-englischen Ländern bilden die sogenannten Passtellen
(Passport-Control-Office - P.C.O.), an deren Spitze jeweils erfahrene Nachrichtenoffiziere stehen, die zur Tarnung
amtlich beglaubigte, diplomatische Beamte sind.
Wie z.B. Dunderdale in Paris, Pearson in der Schweiz, war Major Stevens als Passport-Control-Officer bei der
Englischen Gesandtschaft in Den Haag als deren erster Gesandtschaftssekretär offiziell beglaubigter Diplomat.
Als wichtige Ergänzung dieser "amtlichen" Nachrichtenorganisation der P.C.O. gibt es eine unmittelbar von
London aus geleitete Sonderorganisation im S.I.S. - zuweilen auch Z-Organisation genannt -, in der eine massgebliche
Rolle der frühere Passport-Control-Officer Colonel Dansey, jetzt in der Schweiz, spielt.
Diese Sonderorganisation hat überwiegend politische Aufträge von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig obliegt
ihr eine gewisse Form der internen Überwachung des Service selbst.
Die Z-Organisation steht in Friedenszeiten in keinem Zusammenhang mit den P.C.O.'s und kann im Kriege im Bedarfsfalle
zur technischen Sicherstellung einer Kuriersverbindung und zur Vermeidung von sich gegenseitig gefährdender
Agenten-Doppelarbeit mit der P.C.O.-Organisation gekoppelt werden. Dies hatte man in Holland durchgeführt.
Wichtiger Beauftragter dieser Z-Organisation war der in Haft befindliche Mr. Best mit dem Sitz in Den Haag,
der - wie bekannt - schon im Weltkrieg als Generalstabshauptmann in Holland im englischen Nachrichtendienst tätig war.
Cptn. Best übte als Mann dieser Sonderorganisation unter ausgesprochener kaufmännisch-wirtschaftlicher Tarnung,
unter Benutzung seiner jahrelangen Holland-Erfahrung, seine Tätigkeit im Rahmen einer vom ihm gegründeten
Holding-Gesellschaft aus. Die Holding-Gesellschaft ist die Aktien-Gesellschaft N.V. Handelsdienst voor het
Continent, Continental Trade Service.
Firmenteilhaber sind die Holländer Heuf und van der Willik. Sein Komplice war vor allem van der Willik,
der politischen Nachrichtendienst und aktive Spionage zu Ungunsten Deutschlands laufend verübte.
Das Büro der Gesellschaft befand sich in Den Haag, Nieuwe Uitleg 15.
Best's Arbeit ist typisch für die Methoden des englischen Geheimdienstes: die wichtigsten Auskünfte durch
wirtschaftliche und gesellschaftliche Verbindungen herauszuarbeiten. Seine Beziehungen zu holländischen
Regierungsstellen, offiziell wie inoffiziell, waren äusserst gut und wurden verstärkt durch seine gesellschaftlichen
Verbindungen, die ihm seine holländische Frau (Tochter des bekannten holländischen Generals van Rees) als
Portrait-Malerin - sie malte den verstorbenen Prinzgemahl Heinrich und im Auftrage des englischen Königs
die Prinzessin der Niederlande - schaffte, falls die kaufmännischen oder illegalen nicht ausreichten.
Vor Kriegsbeginn stand Cptn. Best unmittelbar mit London bzw. mit dem Leiter der Z-Stelle in Brüssel (Dansey)
in Verbindung. Dansey war im Laufe einer Woche drei Tage in London und jeweils drei Tage in Brüssel! Kurz vor
Kriegsbeginn wurde Cptn. Best mit Major Stevens zur technischen Vereinfachung der Arbeit durch Befehl Londons
zusammengekoppelt. Cptn. Best benutzte von diesem Zeitpunkt ab die technischen Vergünstigungen (Kurierweg,
Code-Telegramm pp.) der P.C.O.-Dienststelle des Majors Stevens.
In der Dienststelle des Majors Stevens sind tätig:
1)
Cptn. Hendricks, früher belgischer Staatsangehöriger, jetzt Engländer, war Vertreter von Stevens. Er ist der Hauptverbindungsmann als früherer belgischer Staatsangehöriger, der auch während des Weltkrieges in der belgischen Armee gedient hatte, zum belgischen Nachrichtendienst und dem P.C.-Officer Oberst Calthrope.
2)
Cptn. Rodney Dennys, offizieller Bearbeiter der Passkontrolle und Leiter der Überwachung.
3)
Cptn. Lionel Loewe, Jude, Bearbeiter der Heeresfragen und Hauptverbindungsmann zum holländischen Generalstab.
4)
Vrinten, pensionierter, holländischer Polizeibeamter, mit hervorragendsten Beziehungen, ist der eigentliche Hauptagent und Agentenwerber (Recruter), seit dem Weltkriege in englischen Diensten; Verbindungsmann zu sämtlichen holländischen Polizeibehörden.
Das Büro befindet sich in Den Haag, Nieuwe Parklaan 57.
Die Zusammenarbeit zwischen Colonel Calthrope, dem Leiter der englischen P.C.O. in Brüssel, und Stevens war naturgemäss sehr eng und äusserst fruchtbar. Stevens stand neben seiner Verbindung zu und über Calthrope auch unmittelbar mit dem belgischen Nachrichtendienst in Den Haag, nämlich über den zweiten Militärattache, Major Diepenrykx, in Verbindung.
Colonel Calthrope arbeitet sehr eng mit dem Leiter des belgischen Nachrichtendienstes, Colonel Merckx,
zusammen. Die Tatsache des Zusammenwirkens der gemeinschaftlichen Tätigkeit des belgischen und
französischen Nachrichtendienstes einerseits mit dem englischen Nachrichtendienst andererseits ist darüber
hinaus u.a. daraus ersichtlich, dass der "ehemalige" englische Nachrichtenoffizier, Hauptmann Leslies Melville,
und der "ehemalige" französische Nachrichtenoffizier, Cptn. Neix, Verbindungsoffiziere ihrer Nachrichtendienste beim belgischen Nachrichtendienst sind.
3) In Holland bedient sich der englische Nachrichtendienst, sofern er nicht in der Lage ist, deutsche Verräter anzuwerben,
überwiegend holländischer Staatsangehöriger zur Erfüllung seiner Aufträge in und gegen Deutschland.
Nach der gleichen Methode verfährt der S.l.S. auch in Belgien, wo man sich überwiegend der Belgier bedient.
Das englische System kann nur wirksam arbeiten, weil es die restlose Unterstützung und Billigung seiner Arbeit
massgeblichster amtlicher, militärischer und politischer Stellen Hollands und Belgiens geniesst.
Ähnlich dem selbstverständlichen Nachrichtenaustausch zwischen Stevens und seinem französischen Kollegen
in Holland, Major Trutat, über alle militärischen und politischen Nachrichten aus Deutschland (Stevens war vor
Dienstantritt in Den Haag zur Information in Paris, im deuxième bureau, bei Oberst Rivet und Oberst Slesser)
hatten auch Stevens und Trutat mit Genehmigung des Oberkommandos der holländischen Land- und Seestreitkräfte
einen gleichen Austausch mit dem inzwischen aus seinem Dienst entlassenen Chef des holländischen Informationsdienstes
im niederländischen Generalstab, Generalmajor van Oorschot, vereinbart. Erleichtert wurde diese Aufgabe dadurch,
dass Oorschot's Frau Engländerin und er selber Vorsitzender der holländisch-englischen Gesellschaft in Den
Haag ist und jedes Jahr seinen Urlaub mit Admiral Sinclair (C.S.S.) und Cptn. Howard in England verbrachte.
General v. Oorschot hat Stevens die Bekanntschaft des Juden van Blankenstein, eines fanatischen Deutschenfeindes,
vermittelt, und zwar in voller Kenntnis der Tatsache, dass Stevens nachrichtendienstliche Verbindungen gegen Deutschland
suchte. General v. Oorschot hat mit ihm sogar eingehend über die Eignung des v. Blankenstein als Nachrichtenagent
und seine Zuverlässigkeit im britischen Sinne, gesprochen. General v. Oorschot trat stets gegen jedermann als
gewichtiger und ehrenwerter Zeuge für die ausschliesslich gegen Deutschland gerichtete Tätigkeit des
britischen Nachrichtendienstes in Holland ein. Dieses Bild wird durch die Tatsache abgerundet, dass der Leiter
des holländischen Nachrichtendienstes der Angehörige des holländischen Generalstabes van Oorschot
für den britischen P.C.O. in Den Haag, die Agentennummer 930 führte.
Die gleiche Zusammenarbeit besteht über den Austausch von Nachrichten zwischen dem belgischen und französischen Nachrichtendienst sowohl als auch dem englischen Nachrichtendienst mit dem Chef des belgischen Generalstabs, Generalmajor Michem bezw. dem Leutnant General van den Bergen E.N., Verbindungsoffizier zum holländischen Generalstab. Cptn. Lionel Loewe arbeitet als Spezialist für Heeresfragen besonders eng mit seinem Kollegen, dem holländischen Hauptmann Olifiers, zusammen, der wiederum besonderer Spezialist in Fragen der deutschen Wehrmacht im niederländischen Generalstab war bezw. ist.
Major Roseboom, Leiter des holländischen militärischen Nachrichtendienstes (Abwehr) stand und steht noch in Verbindung mit dem nächsten Mitarbeiter und jetzigen Vertreter des Stevens, Hendricks, die beide aufs engste laufend gut zusammenarbeiten.
Verbindungsmann des französischen Nachrichtendienstes zum holländischen Generalstab ist Major Trutat,
der wiederum besonders eng mit seinem Kollegen, dem Major van der Plassche im holländischen Generalstab
zusammenarbeitet und darüber hinaus gut befreundet ist.
Auf diesem Wege erhielten - wie die Aussage der beiden hier in Haft befindlichen Nachrichtenoffiziere bestätigt - England und Frankreich massgebliches Geheimmaterial über wichtige Dislokationen der deutschen Wehrmacht. Best charakterisiert die Zusammenarbeit wörtlich wie folgt:
"Stevens arbeitete in Holland so, alsob er Offizier des holländischen Generalstabs gewesen sei."
Die Zusammenarbeit mit dem englischen Nachrichtendienst-Offizier, Captain Dunderdale in Paris, war naturgemäss sehr eng. Captain Dunderdale zog z.B. gemeinsam mit Major Stevens und Captain Best ein Agentennetz in Deutschland auf.
Besonders wichtig in der Arbeitsverbindung zwischen Major Stevens und Captain Best und Captain Dunderdale war ein
ehem. holländischer Marine-Offizier namens Paul Koster, der in Frankreich lebt. Er ist von Beruf Waffenhändler
(Millionär). Koster hat hervorragende Verbindungen zur holländischen Wehrmacht. Seine Freundschaft mit dem
holländischen Vice-admiral J. Th. Furstner - auch eng befreundet mit Carstens - ist so eng, dass er diesem den
Plan eines Marine-Küsten-Nachrichtendienstes für die Engländer, gegen Deutschland gerichtet, bis ins
einzelne nebst Agenten, Sendern und Kurierwegen ausgearbeitet, vortrug. Admiral Furstner deckte das Vorgehen des Koster.
Koster hat sich dem britischen Nachrichtendienst nicht nur für die Beschaffung von Nachrichten über die
Deutsche Wehrmacht, Heer, Luftwaffe, und Marine, sondern auch zur Durchführung von Sabotageakten jeder Art
zur Verfügung gestellt. Für Sabotageakte stellte er laufend Agenten.
Dass aber nicht nur das Oberkommando der holländischen Land- und Seestreitkräfte bewusst mit England gegen
Deutschland arbeitete, sondern auch andere massgebliche Stellen gleichfalls mit England zusammenwirkten, erhellen folgende
Tatbestände:
Der holländische Justizminister des Jahres 1938, Dr. Goseling, war es, der auf Ersuchen des holländischen
Generalstabs dem Wunsch Stevens' entsprechend die Enthaftung des im Auftrage Englands arbeitenden und in Dänemark
wegen englischer Spionage verhafteten Emigranten und Schiffssaboteurs Pötsch veranlasste. Pötsch unterhielt
im Auftrage des englischen Nachrichtendienstes ein ausgebautes Netz von Saboteuren, u.a. auch in den nordischen Ländern,
das eine dauernd erhöhte Abwehrtätigkeit bis zu seiner Verhaftung in Dänemark erforderlich gemacht hatte.
Um die Schwierigkeiten von vornherein auszuschalten, die dadurch entstehen könnten, dass nachgeordnete
holländische Justizbeamte in Unkenntnis der Vereinbarung höherer amtlicher Stellen die Agenten und
Nachrichtenoffiziere des S.I.S. behelligten und deren Arbeit störten, hatte der holländische General
van Oorschot mit den englischen und französischen Nachrichtenoffizieren verabredet, dass bei überraschenden
Festnahmen die Agenten des englischen Dienstes sich stets als solche des holländischen Nachrichtendienstes
ausgeben und sich auf General van Oorschot berufen sollten. Diese Vereinbarung wurde deshalb auch wirksam,
als der Sekretär des Cptn. Best, der Holländer Voorburgh, von nachgeordneten holländischen
Justizorganen vorübergehend festgenommen wurde.
Als der Mitarbeiter des Major Stevens, Rhodes, (Eton-Schüler, Sohn eines Generals) durch den Verlust eines Geheimberichtes derartig blossgestellt war, dass die holländische Polizei gegen ihn einschreiten und ihn zur Ausweisung bringen musste, wurde durch Vermittlung des Generals van Oorschot und des Majors Roseboom die Angelegenheit als unbedeutend, obwohl bereits der Britische Gesandte offiziell eine Demarche unternommen hatte, totgeschwiegen.
Diese Methoden bewährten sich auch bei den Verhandlungen der englischen Nachrichtenoffiziere mit der vermeintlichen deutschen Opposition und deren vorübergehender Verhaftung.
So wie in Holland, arbeitet der Service auch in Belgien mit den amtlichen Stellen.
Dies erhellt das folgende Beispiel: Der bereits erwähnte Schiffssaboteur Pötsch wurde auf Veranlassung Calthropes
durch Vermittlung Stevens' von den Holländern nach Belgien abgeschoben. Alle Schwierigkeiten des Grenzüberganges
und der erforderlichen sich wiederholenden Aufenthaltsgenehmigung durch die belgischen Behörden beseitigte Calthrope
in der gleichen Form der Zusammenarbeit mit dem belgischen Nachrichtendienst und den belgischen Militärbehörden,
wie Stevens und Best es in Holland taten.
4) Der Tradition und den Erfahrungen der englischen Politik und des englischen Geheimdienstes entsprechend versucht die Londoner Zentrale (hier Lord Halifax) seit längerer Zeit, mit allen Mitteln Verbindung zu deutschen Oppositionsgruppen aufzunehmen mit dem Ziel, die nationalsozialistische Regierung zu stürzen. Nach der Vorstellung der überwiegend von Emigranten unterrichteten englischen Regierungskreise soll in Deutschland eine genügend starke Opposition bestehen. So erhält im Oktober 1939 Captain Best von der Zentrale in London den Auftrag, Verbindungen mit Mittelsmännern aufzunehmen, die bis dahin über den deutschen Emigranten, früheren Zentrumsmann und Ministerialdirektor Karl Spiecker an der englischen Z-Organisation angekoppelt gewesen waren.
Best erhält folgenden Auftrag: Vertiefung der Verbindung zur deutschen Opposition, möglichst Verhandlung
mit einem von allen Oppositionellen in Deutschland bevollmächtigten hohen Beauftragten; Ziel der Verhandlung sollte sein:
Völliger politischer Umsturz in Deutschland, Beseitigung des Führers und seiner engsten Mitarbeiter,
Friedensschluss gemäss den englischen Kriegszielen, d.h. Wiederherstellung des Status quo, insbesondere
hinsichtlich der Tschechoslowakei, Österreichs, Danzigs, Polens usw. Grundgedanke war, dass England in der
Wiederholung früherer Gedankengänge durch innerdeutschen Umsturz den Krieg, den es fürchtete,
militärisch nicht führen zu können, zu seinen Gunsten entscheiden wollte.
Sicherheitsdienst der SS und Geheime Staatspolizei erhielten rechtzeitig durch ihre Nachrichtenverbindungen Kenntnis von diesen Plänen, schalteten sich ein und meldeten den Vorgang der Reichsregierung. Die Reichsregierung befahl das Weiterspielen dieses von England erstrebten Umsturzplanes bis und einschliesslich der Arretierung der englischen Nachrichtenoffiziere zum dokumentarischen Beweis.
Stevens erkannte die hohe politische Bedeutung dieser Verhandlungen und bemühte sich darum, dass die Londoner Zentrale (Sinclair bezw. Halifax) die Verhandlungen dem englischen Gesandten in Den Haag, Sir Blend, übertrüge. London lehnte in Übereinstimmung mit der Auffassung des englischen Gesandten diese Übertragung ab und beauftragte weiterhin den englischen Nachrichtendienst mit den Verhandlungen mit dem Befehl, laufend telefonische und telegrafische Unterrichtung zu geben.
Nach Aussage der englischen Nachrichtenoffiziere war die offizielle Ausschaltung des englischen Gesandten als Vertreter bei dem neutralen Holland eine diplomatische Vorsichtmassnahme zur Wahrung des Gesichts nach aussen.
Zur reibungslosen Durchführung dieser wichtigen Umsturzverhandlungen (in der Note des englischen Aussenamtes als
"Friedensverhandlungen" zugegeben!) sucht Stevens den General van Oorschot auf und unterrichtet ihn über
den beabsichtigten Umsturzplan. Van Oorschot unterrichtet den Chef des Stabes des Oberkommandos der holländischen
Land- und Seestreitkräfte, Carstens, und deren Vorgesetzte über die Absichten des englischen Geheimdienstes
und beteiligt sich auf Weisung seiner Vorgesetzten durch Entsendung des holländischen General-Stabsoffiziers Klop
an den Umsturzverhandlungen, wobei er diesem ganz bestimmte Weisungen gab:
1)
Alle Kontrollschwierigkeiten im Zusammenhang mit den Umsturzverhandlungen zu beseitigen;
2)
den persönlichen Schutz der englischen Nachrichtenoffiziere zu garantieren und
3)
seine Vorgesetzten laufend über den Stand des Umsturzplanes zu unterrichten.
Um die Partnerschaft des neutralen Hollands an diesen Umsturzverhandlungen auf Seiten Englands auch den deutschen
Mittelsmännern gegenüber zu verheimlichen, erhielt der holländische Generalstabsoffizier Klop vom General
van Oorschot vorsorglicherweise den Auftrag als englischer Offizier aufzutreten und den englischen Decknamen Captain
Copper anzunehmen.
Durch Vermittlung und Unterstützung des Klop konnte es zu fünfmaligem Zusammentreffen von Stevens, Best, Copper (in Wirklichkeit Klop) mit den deutschen Mittelmännern und zwar
am 21.10 in Zutphen und Arnheim;
am 30.10 in Den Haag;
am 7.11 in Backhus bei Venlo;
am 8.11 in Backhus bei Venlo;
am 9.11 in Backhus bei Venlo kommen.
Bei allen Zusammenkünften war Copper/Klop zugegen, beteiligte sich aktiv an den Verhandlungen, beseitigte alle
polizeilichen und - soweit holländisches Operations- und Überschwemmungsgebiet gegenüber der deutschen
Grenze berührt wurde - auch militärische Kontrollschwierigkeiten durch persönliches Eingreifen. Copper/Klop
erwirkte die Freilassung der vermeintlichen Mittelsmänner der deutschen Opposition, als sie zur Feststellung ihrer
Identität auf holländischem Boden einmal verhaftet worden waren. Er übergab auch den deutschen
Mittelsmännern eine mit Copper unterschriebene Bescheinigung, in der alle holländischen Organe ersucht
werden dem Inhaber dieser Bescheinigung die Möglichkeit zu geben, eine Geheimnummer in Den Haag (556.331) anzurufen:
- Die Nummer des englischen Geheimdienstes.
Für die beiden letzten Zusammentreffen hatte Klop/Copper nach seinen eigenen und der Engländer Angaben zur Vorsicht ermahnt und gewarnt, eine grössere Anzahl holländischer Geheimpolizisten beordert und beim letzten Mal sogar die holländischen Militärposten zur Sicherung vorgezogen. Er war es auch, der beim letzten Zusammentreffen in Erkenntnis der unangenehmen Folgen seiner drohender Verhaftung als Erster Feuer gab.
Die Verhandlungsgrundlage bildeten die von der Englischen Regierung durch Funkspruch an Best gegebenen und von diesem den deutschen Mittelsmännern übergebenen Weisungen. Diese Weisungen basierten auf folgenden englischen Vorschlägen: Beseitigung des Führers, Beseitigung des heutigen deutschen Regimes sowie aller führenden Männer und Ersetzung durch eine England genehme Regierung. Ferner wurde bei den Besprechungen verlangt die Aufgabe der derzeitigen deutschen Wirtschaftspolitik und die Rückkehr Deutschlands zum Goldstandard. Wie aus diesen Verhandlungen hervorging, war das Endziel der britischen Forderungen nicht nur die Rückkehr zum Versailler System, sondern darüber hinausgehend die Auflösung des Reiches und die Errichtung eines föderativen Staatensystems, Deutschland sollte auf alle Zeit ohnmächtig gemacht werden. Die deutschen Mittelsmänner gingen scheinbar auf den Plan ein, sie behielten sich die Genehmigung der deutschen Oppositionsführung vor; daraufhin wurden sie von den Engländern ersucht, einen hohen Bevollmächtigten beizubringen, der sich mit den englischen Agenten nochmals in Holland treffen sollte.
Nachdem die englischen Agenten diesen Verhandlungsverlauf an die Britische Regierung durch ein Telefongespräch des
Herrn Stevens nach London im Beisein eines der vermeintlichen deutschen Oppositionsmitglieder berichtet hatten, erklärte
der damalige Chef des englischen Nachrichtendienstes Admiral Sinclair telefonisch das Einverständnis des englischen
Aussenministers Lord Halifax mit dem bisherigen Gang der Verhandlungen. Stevens gab nunmehr zur gefahrloseren Aufrechterhaltung
des Verkehrs - wie bereits bekannt ein englisches Sende- und Empfangsgerät und einen Geheimcode, um mit den im
Haag stationierten unter dem belgischen Rufzeichen ON 4 arbeitenden englischen Leitfunkstelle Verbindung zu halten.
In Ausführung des ihnen erteilten Befehls gelang es dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS und der Geheimen Staatspolizei, unter Vortäuschung von Grenz- und Beobachtungsschwierigkeiten die Engländer dreimal in ein als Schmugglerlokal bekanntes Gasthaus nach Venlo zu locken, 10 M. von der offiziellen Grenze entfernt. Befehlsgemäss arretierten sie hier nach einem Feuergefecht die beiden englischen Nachrichtenoffiziere, den schwerverwundeten holländischen Generalstabsoffizier und den holländischen Chauffeur der englischen Nachrichtenoffiziere, Lemmens.
In dem festen Glauben, mit einer "deutschen Oppositionsgruppe" Verbindung zu haben, lässt der Vertreter Stevens', in Den Haag, Cptn. Hendricks, noch am 16.11.1939 - also 7 Tage nach der Verhaftung von Best und Stevens - um 12 Uhr 30 mittags der vermeintlichen deutschen Oppositionsgruppe mitteilen, dass "man den Funkspruch der deutschen Oppositionsgruppe vom Tage vorher erhalten habe und nach wie vor bereit sei, auf der in den Aussprachen bis jetzt festgelegten Basis weiter zu verhandeln, dass man jedoch vorher Herrn Ministerpräsidenten Daladier befragen müsse und dass man aufgrund der eingetretenen Umstände beim nächsten Zusammentreffen besonders Vorsicht walten lassen müsse".
Durch die lebendigen Zeugen und Dokumente wird das ergänzt und bestätigt, was bereits vorher über die hochverräterischen Umsturzpläne Englands und Hollands unter Beteiligung Belgiens bekannt war.
5) Besonders erschütternd aber und aufschlussreich über die Pläne Englands mit den "neutralen" Staaten Holland und Belgien ist die wegen ihrer Wichtigkeit wörtlich wiedergegebene, in Düsseldorf am Abend des 9.11.1939 aufgenommene Vernehmungsniederschrift des damals schwerverwundeten holländischen Oberleutnant Klop (Abschrift der Originalvernehmung in Anlage 1 und 2).
Das durch Oberleutnant Klop in seiner Vernehmung gemachte schwerwiegende Geständnis über die enge Zusammenarbeit des kriegführenden England mit dem "neutralen" Holland und Belgien zum Nachteil des Deutschen Reiches wurde im Wege des Kreuzverhörs Major Stevens und Captain Best vorgehalten, um weitere Einzelheiten über die für Deutschland gefährliche Zusammenarbeit Englands und Frankreichs mit dem "neutralen" Holland und Belgien zu erlangen.
Diese für die Arbeit der britischen Agenten und deren verbrecherisches Treiben wichtigen Angaben der britischen Nachrichtenoffiziere werden die Grundlage für ein demnächst öffentlich durchzuführendes ordentliches Strafverfahren abgeben, das Aufschluss geben wird über die dunklen Pläne der obskuren, homosexuellen, ja sogar asozialen verbrecherischen Elemente des sogenannten "Secret Intelligence Service".