Richard Henry Stevens


Stevens - Quelle: It happened here: The Venlo Incident, After The Battle No. 11/1976, London 1976

Richard Henry Stevens

Major Richard Henry Stevens (* 9.4.1893 in Athen; † 12.2.1967) war 1939 Leiter des Passport Control Office (PCO) in den Niederlanden und einer der beim Venlo Zwischenfall nach Deutschland entführten britischen Geheimdienstoffiziere.

Stevens war Sohn eines Kapitäns der britischen Handelsflotte und einer griechischen Mutter. 1913 trat er als Offiziersanwärter bei der British Malay States Police ein. Beim Ausbruch des I. Weltkriegs war er Leutnant bei den Rajput Rifles in der indischen Armee. 1933 kam er zum Geheimdienst der britisch-indischen Armee, wo er zwei Jahre lang an der "North-Western Front" decodierte russische Funksprüche übersetzte. 1935 bis 1937 war er in Indien mit Planungen der Kriegsmobilisierung beauftragt.

Er sprach hervorragend deutsch französisch und russisch. Griechisch war seine zweite Muttersprache, darüberhinaus beherrschte er arabisch, hindustanisch und malaiisch. Er war sportlich und hatte zahlreiche Pokale gewonnen.

Im April 1938 kam Stevens, inzwischen Major, nach London zum Secret Intelligence Service (SIS). Am 19.7.1938 übernahm er die Leitung des Passport Control Office (PCO) in Den Haag, Niederlande.

Das PCO war Teil des britischen Secret Intelligence Service (SIS). Die Niederlassung in Den Haag war das nach Paris zweitgrößte PCO auf dem europäischen Kontinent. Es beschäftigte elf Mitarbeiter in einem Land, dessen Bürger keine Visapflicht für Großbritannien hatten. Von hier aus wurde die Spionage gegen das Deutsche Reich gesteuert. Dem Vorteil der diplomatischen Immunität der Geheimdienstmitarbeiter stand entgegen, dass diese Einrichtung in der Nieuwe Parklaan 57 in Den Haag allgemein bekannt und auch bereits von der deutschen Abwehr penetriert war.

Nieuwe Parklaan 57 in Den Haag
Nieuwe Parklaan 57 in Den Haag um 1973
Quelle: Gemeindearchiv Den Haag
Stevens wurde im November 1939 beim Venlo-Zwischenfall zusammen mit dem britischen Agenten Sigismund Payne Best nach Deutschland entführt. Die deutsche Nazi-Propaganda präsentierte Stevens und Best als angebliche Drahtzieher von Georg Elsers Bürgerbräuattentat.

Stevens und Best verrieten vitale Geheimnisse über den britischen Geheimdienst, die unter anderem zur Rechtfertigung für dem deutschen Einmarsch in die Niederlande am 10. Mai 1945 sowie zur Vorbereitung der deutschen Invasion in England verwendet wurden. Isoliert voneinander mussten sie über fünf Jahre als Sonderhäftlinge in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau verbringen, allerdings in relativ guter Behandlung. Im Rückblick wichen ihre späteren Schilderungen der Gefangenschaft voneinander ab, wie dem Briefwechsel Best-Stevens nach dem Krieg zu entnehmen ist.

Unter abenteuerlichen Umständen erlangten bei kurz vor Kriegsende wieder die Freiheit.

Er verließ die Armee am 26.2.1946 als Lieutenant Colonel, zu dem er 1941 während der Gefangenschaft in Abwesenheit befördert worden war. Er arbeitete als Übersetzer, u.a. zwischen 1951 und 1952 bei der Nato in Paris und London. Er starb 1967 an Krebs.

Hermann J. Giskes: Leider war es nur Stummfilm
Anlage des Reichsinnenministers zum Memorandum vom 9.5.1940
Informationsheft GB
Die Befreiung der Sonder- und Sippenhäftlinge in Südtirol
Die Odyssee der "Ehren"-Häftlinge
Briefwechsel Best - Stevens

KZ Dachau
Bunker
Stevens war im KZ Dachau (Luftaufnahme vom 27.5.1945) im "Bunker" untergebracht. Seit 1943 hatte er eine relativ große Zelle gegenüber vom Eingang.

Schräg gegenüber die Zelle, in der Georg Elser ab Anfang 1945 eingesperrt war.


Im KZ Dachau wurde Stevens unter dem Decknamen Richard Fuchs als deutscher (DR=Deutsches Reich) Schutzhäftling (Sch) Nr. 28848 geführt. Die untere Liste entstand im Zusammenhang mit der Verlegung der Sonder- und Sippenhäftlinge nach Südtirol.
Quelle: KZ-Gedenkstätte Dachau

    
Sonderhäftlinge Stevens und Martin Niemöller (links)
wieder in Freiheit.
Quelle: Hans-Günter Richardi aus privatem Besitz
Quelle: The Times 14.2.1967