Die Nationalsozialisten verdächtigten
Otto Strasser als einen der Hintermänner des
Bürgerbräuattentats. Strasser, ursprünglich Verfechter einer "sozialistischen" Richtung innerhalb
der NSDAP, hatte 1930 mit Hitler gebrochen und bekämpfte das Regime später vom Ausland aus.
Während seiner Aufenthalte in der Schweiz wurde Strasser von der Schweizer Polizei überwacht.
So entstand eine 4-bändige Akte über Strasser, die heute im Schweizerischen Bundesarchiv in Bern
unter der Signatur E 4320 (B) 1970/25 Bd 1-4, Dossier C.2.102 verwahrt wird.
Nach dem Bürgerbräuattentat sandte die Gestapo ein Requisitorial mit Fragen zu Hintergründen
des Attentat an die Schweizer Behörden. Dieser 18-seitige Fragenkatalog beinhaltete eine Mischung von Tatsachen,
Gerüchten und Vermutungen. Dieses Requisitorial und der daraufhin erarbeitete Schweizer Ermittlungsbericht zu Georg Elser
ist Bestandteil des Strasser-Dossiers. Dort sind auch weitere Dokumente zu finden, die offensichtlich zusammen mit
dem Requisitorial aus Berlin übermittelt worden waren: Mehrere
Polizeifotos
des Attentäters (mit Misshandlungsspuren, kahlgeschoren), ein
Fingerabdruckblatt
mit eigenhändiger Unterschrift,
einen Personalbogen
der Gestapo und eine Skizze des Festnahmeorts in Konstanz.
Am 1. Februar 1940 wurde das deutsche Requisitorial von der Schweizer Polizeiabteilung im Justiz- und
Polizeiministerium an die Schweizer Bundesanwaltschaft in Bern weitergeleitet mit der dringenden Empfehlung, bei der
Behandlung der Fragen zurückhaltend und vorsichtig zu sein:
Quelle: Schweizerisches Bundesarchiv Bern
Ergebnis war der 12-seitige Schweizer Ermittlungsbericht. Er ist knapp gehalten, aber dennoch
eine bedeutende Quelle zu Georg Elser. Er liefert wertvolle Informationen aus der Zeit zwischen 1925 und 1932,
in der Elser am Bodensee lebte.
Der Ermittlungsbericht liefert keinerlei Indizien für eine Verbindung zwischen Elser und
Strasser.
Es handelt sich um zwei separate Dokumente, die hier zur leichteren Lesbarkeit
synoptisch nebeneinander dargestellt sind.
Requisitorial (Fragenkatalog)
Ermittlungsbericht
in Sachen Elser Georg geb. 4.1.1903 deutscher Reichsangehöriger
betreffend Attentat im Bürgerbräukeller in München am 8. November 1939
I. Verbindung des Elser zu Strasser
Elser erklärt in seinen Vernehmungen, dass er u. a. glaublich im Mai, September
und Oktober bzw. November 1939 den Besuch eines Beauftragten
Otto Strasser's erhalten hat. Dieser Mann soll
ihm erklärt haben, dass - falls der Münchener Anschlag nicht gelingen sollte - bereits ein weiterer Anschlag
in Vorbereitung sei. Elser beschreibt diese Person wie folgt:
35 - 38 Jahre alt, ca. 173 cm groß, dunkelbraunes, dichtes Haar, rückwärts gekämmt, kleinen, dunklen,
englisch gestutzten Schnurrbart (Zahnbürste), vermutlich zeitweise Brillenträger.
Diese Person hat keinerlei besondere Kennzeichen, Sprache hochdeutsch (ohne Dialekt), hat einmal einen
graugestreiften, dunklen, und ein andermal einen dunkelblauen Anzug getragen.
Der Mann trägt vermutlich an der linken Hand einen Goldring mit einem kleinen blau-grünen Stein. Weiter eine
Armbanduhr mit Metallarmband.
E. will diese Person im Jahre 1938 in Konstanz kennengelernt haben.
Fragen:
I.
1.)
Welches waren die genauen Aufenthaltszeiten des Otto Strasser,
zeitweise alias Otto Baumann, geb. 9.8.96 Hermanstadt u. Dannhauser in der Schweiz?
Welche Reisen unternahm er von dort?
Wann verließ er die Schweiz zuletzt?
Auf welchem Wege?
Warum? (freiwillig oder gezwungenermaßen?)
Mit wem?
1.
Otto Strasser hat sich während den nachstehend aufgeführten Zeiten in der Schweiz aufgehalten:
1. Oktober 1938 - 10. Oktober 1938
19. Oktober 1938 - 7. November 1938
16. Dezember 1938 - 15. Februar 1939
13. März 1939 - 13. November 1939
Feststellungen haben ergeben, dass er am 10. Oktober 1938, am 7. November 1938 und am 15. Februar 1939 von der
Schweiz aus nach Frankreich gereist ist.
Nachdem die Schweizer Behörden Ende Oktober 1939 feststellten, dass Dr. Strasser in einer ausländischen
Zeitung gegen den deutschen Reichskanzler polemisierte und sich auch über das Verhältnis Deutschlands zur
Schweiz ausliess, wurde dessen sofortige Ausreise verfügt, welcher Beschluss ihm anfangs November 1939 eröffnet
wurde. Seine endgültige Ausreise erfolgte am 13. November 1939, an welchem Tage er mit einem Personenwagen an
die französische Grenze geführt wurde. Otto Strasser hat die französische Grenze allein überschritten.
2.)
Was ist über die Tätigkeit und die Verbindungen des Otto Strasser allgemein insbesondere
im Mai, September bis November 1939 bekannt?
Welchen persönlichen Verkehr unterhielt Strasser?
Ist den Nachbarn des Otto Strasser (Herrliberg b. Zürich) insbesondere in der oben angegebenen Zeit ein
regerer Besuch als sonst aufgefallen.
Befand sich darunter eine Person, welche Elser ähnlich sah?
Können diese Personen, welche Strasser besucht haben, nicht beschrieben werden?
2.
Otto Strasser betätigte sich während der Dauer seiner Aufenthalte in der Schweiz als Schriftsteller.
Er hatte Verbindungen zu schwedischen und englischen Journalisten. Den Nachbarn ist nicht aufgefallen, dass
Otto Strasser in den Monaten Mai, September und November 1939 regeren Besuch als zu ändern Zeiten erhalten hat.
Unter den wenigen Besuchern soll sich insbesondere keine Person befunden haben, auf welche die Personenbeschreibung
des Elser zutrifft.
3.)
Erhielt Otto Strasser zu den gleichen Terminen Post aus Deutschland?
Wer ist der eigentliche Inhaber der Adresse: "Johanna Lehmann, Wetzwil/Herrliberg."
3.
Heute lässt sich nicht mehr ermitteln, ob Otto Strasser
zu den erwähnten Terminen Post aus Deutschland erhalten hat. Anlässlich der Haussuchung konnte
keine solche festgestellt werden. Johanna Lehmann in Wetzwil-Herrliberg ist die Eigentümerin und
Vermieterin der Wohnung Otto Strasser's.
4.)
Über welche Geldmittel verfügte Strasser während der Zeit seines Aufenthaltes
in der Schweiz?
Trat etwa ab Juli 1939 eine Besserung seiner finanziellen Lage ein?
4.
Während der Aufenthalte in der Schweiz befand sich Otto Strasser ständig
in einer finanziell bedrängten Lage und war auf die Unterstützung seiner Bekannten angewiesen. Ein Nachweis
konnte nicht erbracht werden, dass in dieser Beziehung ab Juli 1939 eine Besserung eintrat.
5.)
Was ist über den Verkehr des Strasser mit den in der Schweiz wohnhaften Engländern
bekannt?
Mit wem verkehrt er insbesondere?
5.
Eine Verbindung Otto Strasser's zu in der Schweiz wohnhaften
englischen Staatsangehörigen kann nicht nachgewiesen werden. Zur Hauptsache verkehrte er mit englischen
Journalisten, die er in Prag kennen gelernt hatte.
6.)
Zu welchen Tagen befand sich Otto Strasser in der Bodensee-Gegend oder in der weiteren Umgebung?
6.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich Strasser während seinen
hiesigen Aufenthalten in der Bodensee-Gegend oder in der weiteren Umgebung aufgehalten hat.
7.)
Hatte er einen Kraftwagen zur Verfügung oder nahm er insbesondere im letzten Halbjahr
öfter Mietauto in Anspruch?
Wohin führten diese Reisen?
Mit wem traf sich Strasser gelegentlich dieser Reisen?
Ist dieser Kraftwagen identisch mit jenem, der unter Ziffer XVII. erwähnt ist?
7.
Otto Strasser verfügte über keinen Personenwagen. Für Fahrten von
Herrliberg nach Wetzwil und umgekehrt nahm er verschiedentlich Mietwagen in Anspruch. Er liess sich lediglich
ein Mal nach Zürich führen. Der Wagenlenker behauptet, dass sich Strasser anlässlich dieser Fahrten ständig
allein befunden habe.
8.)
Im Mai (etwa Mitte des Monats), August und September 1939 hat Strasser mehrfach
Reichsangehörige empfangen.
Besteht die Möglichkeit, diese und darüber hinaus alle jene Reichsdeutschen zu erfassen, welche
sich in diesen Zeiten in Zürich aufgehalten und übernachtet haben?
8.
Strasser beabsichtigte am 15.7.1939 in Zürich mit zwei höheren deutschen
Offizieren zusammen zu kommen, nachdem er sich vorher um die Ermöglichung einer Zusammenkunft derselben mit
französischen Militärpersonen bemüht hatte. Für diese Tätigkeit sollen ihm Fr. 1 500.- ausbezahlt worden sein. Eine
Fühlungnahme wurde aber durch die Zürcher Polizeibehörden verhindert.
Da die Hotelmeldescheine alphabetisch
geordnet sind, besteht keine Möglichkeit, die deutschen Reichsangehörigen zu ermitteln, die sich in den
Monaten Mai - September 1939 in Zürich aufgehalten haben.
Es ist in Erfahrung gebracht worden, dass zwei Personen namens Theodor Maller und Willi Kirschbaumer
sich bei einer Autofahrt nach Vaduz am 8.11.1939 geäußert haben: "Hoffentlich klappt die Sache heute
Abend. Schade, dass es nicht miterlebt werden kann." Maller ergänzte diese Äußerung mit der Bemerkung:
"Auf jeden Fall hören wir die Wirkung im Radio. Es nimmt wohl alle."
II.
1.)
Wer ist Theodor Maller genannt "Turi"
1.
Maller Theodor geb. 14.6.1909 in Wien, deutscher Reichsangehöriger,
Sohn des Peter und der Antonia geb. Pustak, ledig, kaufmännischer Angestellter, wohnhaft gewesen Hauptstrasse
58 in Wien 17.
2.)
Wer ist Kirschbaumer?
2.
Ein Willi Kirschbaumer lässt sich in der Schweiz nicht nachweisen.
Personen mit diesem Namen sind im Fürstentum Liechtenstein wohnhaft.
3.)
In welchen Organisationen sind beide tätig?
3.
Maller war ohne Ausweisschriften.
4.)
Welche Ausweispapiere besitzt Maller?
4.
Während der Zeit des Aufenthaltes in der Schweiz wurde Maller durch eine
Flüchtlings-Fürsorgestelle unterstützt.
5.)
Wovon lebt er?
5.
-
6.)
Ist bekannt, dass Maller Emigranten über die deutsche Grenze nach der Schweiz und von dort weiter nach Frankreich bringt?
6.
Wenn die Schweizerbehörden davon Kenntnis erhalten hätten,
dass sich Maller als Emigrantenschieber betätige,
wäre er bestraft und unter Ausweisungsfolge über die Grenze gestellt worden.
7.)
Hat Maller die Schweiz nach dem 8.11.1939 evtl. zusammen mit Otto Strasser verlassen?
7.
Maller ist anfangs des Jahres 1940 nach dem Orient emigriert.
8.)
Hat Maller Verbindung zu Otto Strasser oder zu Engländern?
8.
Eine Verbindung Maller - Otto Strasser kann nicht nachgewiesen werden.
Betreffend seiner Auswanderung stand er mit F. Boss 5 Corringham Court London in Verbindung. Ein Lichtbild
des Maller liegt in doppelter Ausfertigung bei.
Zehn Tage vor dem Anschlag in München sind in Bern im Wiener Cafe zwei
deutschsprechende Personen, die leicht englischen Akzent sprachen, beobachtet worden, wie sie sich über
den Bürgerbräukeller und dessen Räumlichkeiten unterhielten, dabei fiel die Äußerung:
"Es muß gelingen."
Die beiden Unbekannten, die während der Unterhaltung in einer etwas verdeckten Nische rechts beim Eingang
im Cafe saßen, wurden nach dem 9. November 1939 nicht mehr beobachtet.
III.
(bereits erledigt)
1.)
Aus welchen Kreisen setzen sich die Besucher des Lokals zusammen?
2.)
Hat eine Bedienung oder ein Gast gleiche oder ähnliche Beobachtungen gemacht?
3.)
Wer sind die beiden Unbekannten, von denen der eine jüdisches Aussehen hatte?
Etwa Ende
Oktober 1939 soll eine Frau von Bueren, deren Familie in der Nähe
von Cully am Genfer See ein Gut besitzt, erklärt haben, Hitler wird demnächst ermordet.
IV.
In Cully und dessen Umgebung wohnte eine Familie von Bueren. Zu Beginn des
Jahres 1939 sind die Eheleute gestorben. Sie besassen dort ein Gut. Der Aufenthalt des Sohnes von
Büren ist nicht bekannt.
1.)
Wer ist diese Frau von Bueren?
2.)
Wo hat sie ihren festen Wohnsitz?
3.)
Mit wem verkehrt sie und ihre Familie?
4.)
Hat sie Beziehungen zu Engländern oder zu Otto Strasser?
Elser sagt aus, dass er im Jahre 1929 nach Einstellung der Arbeiten
und Entlassung sämtlicher Arbeiter bei der Fa. Schuckmann u. Co., Konstanz, ebenfalls entlassen worden sei.
Die Entlassung der Arbeiter erfolgte wegen Stilllegung der Fabrik infolge eines Brandes. Elser will sich
daraufhin nach Bottighofen/Schweiz begeben haben, das ungefähr 8 - 10 km südlich Konstanz liegt. Dort will
er in der Schreinerei Schönholzer, nachdem er sich in Konstanz vergeblich um Arbeit bemüht hätte, Arbeit
gefunden haben. Er will nicht wissen, wer ihn an die Fa. Schönholzer in Bottighofen verwiesen hat.
Bei dieser Firma will er ca. 1/2 Jahr als Schreinergeselle gearbeitet haben. Der Inhaber der Firma heißt ebenfalls
Schönholzer. Vorname will E. nicht mehr erinnerlich sein. Er hatte dort Wohnungseinrichtungen anzufertigen und
will einen Stundenlohn von 1 sFr. 30 verdient haben. Bei dieser Firma soll nur noch der Inhaber und dessen Sohn
tätig gewesen sein.
Seine Wohnung will E. während dieser Zeit in Konstanz beibehalten haben und täglich mit dem
Fahrrad nach Bottighofen und nach Konstanz zurückgefahren sein. Angeblich hat er weitere Personen als die
Familie Schönholzer nicht kennengelernt.
VI.
1.)
Wann und durch welche Vermittlung ist Elser in die Schreinerei Schönholzer eingetreten?
1.
Durch Vermittlung des Arbeitsamtes in Kreuzlingen konnte Elser im Mai 1929 in
der Schreinerei Schönholzer in Bottighofen in Arbeit treten.
2.)
Wie lange war er dort tätig?
2.
In diesem Betriebe war er während einigen Monaten tätig.
3.)
Gründe für den Austritt Elsers?
3.
Zufolge Arbeitsmangels musste Elser diese Stelle wieder verlassen.
4.)
Wer war damals Inhaber der Schreinerei?
Was ist über ihn politisch bekannt?
Wie ist sein Leumund?
4.
Der damalige Inhaber der Schreinerei, Vater Schönholzer, ist gestorben.
5.)
Wie hieß der Sohn des Schönholzer, mit dem Elser in dem Betrieb gearbeitet haben will?
5.
Heute wird der Betrieb durch den Sohn Karl Schönholzer geführt, welcher
s. Zt. mit Elser zusammen arbeitete.
6.)
Wie war dessen Leumund und politische Einstellung?
6.
Bei Karl Schönholzer handelt es sich um eine angesehene Person, die sich
politisch nicht betätigt.
7.)
Was wird in dem Betrieb hergestellt?
7.
In diesem Betriebe werden Möbel hergestellt und auch Bauschreinerarbeiten
ausgeführt.
8.)
Mit welchen Arbeiten war Elser im Betrieb beschäftigt?
8.
Elser war einziger Angestellter.
9.)
Hat Elser auch für sich privat Arbeiten verrichtet und welche?
9.
Von privaten Arbeiten ist nichts bekannt.
10.)
Wie groß war damals der Betrieb?
10.
Ausser Elser wurden damals keine Arbeiter beschäftigt.
11.)
Welchen Umgang hatte Elser mit Arbeitskameraden, welchen besonders?
11.
Elser hatte keinen Umgang mit Arbeitskameraden.
12.)
Hat Elser diesen Umgang auch nach seinem Austritt aus der Schreinerei Schönholzer fortgesetzt?
12.
Seit dem Austritte hat Schönholzer von Elser nie mehr etwas vernommen.
13.)
Politische Einstellung der Arbeitskameraden des Elser?
13.
-
14.)
Führung des Elser im Betrieb?
14.
Durch Karl Schönholzer wird Elser als arbeitsam, ruhig und solide geschildert.
Als sonderbar ist aufgefallen, dass Elser nach Nachmittagen öfters seine Arbeitsstelle verlassen hat, um baden zu
gehen. Die versäumte Zeit hat er jeweils abends wieder reichlich nachgeholt.
15.)
Was ist dem Inhaber oder den Arbeitskameraden über den sonstigen Umgang Elsers in der Schweiz bekannt?
15.
Die Beziehungen des Elser sind hier nicht bekannt.
16.)
Hat Elser damals in der Schweiz gewohnt oder vorübergehend Aufenthalt genommen?
16.
Damals wohnte Elser in Konstanz und war Grenzgänger.
17.)
Was ist gegebenenfalls den Vermietern über Elser bekannt?
17.
-
18.)
Wie hoch war der Verdienst Elsers in der Schreinerei Schönholzer?
18.
Elser bezog insgesamt einen Arbeitslohn von total Fr. 773,95 unter
Berechnung eines Stundenlohnes von Fr. 1.20.
19.)
Was ist Schönholzer über sonstige Schweizer Arbeitsstellen des Elser bekannt?
19.
Dem Schönholzer sind die weiteren Arbeitsstellen des Elser nicht bekannt.
20.)
Wie war die politische Einstellung Elsers während der Dauer seiner Tätigkeit bei
Schreinermeister Schönholzer und was ist in charakterlicher Hinsicht bekannt?
20.
Elser hat sich in Bottighofen nicht politisch betätigt und sich
auch nie dahingehend geäussert.
21.)
Welchen Umgang hatte Elser mit weiblichen Personen? Liebesverhältnisse? Was
ist diesen Frauen über Elser bekannt?
21.
Die Beziehungen Elser's zu Frauen sind hier nicht bekannt.
22.)
Hat Elser damals irgendwelchen Vereinen angehört?
22.
Von einer Vereinsangehörigkeit ist ebenfalls nichts bekannt.
23.)
Politische Richtung dieser Vereine bzw. der Vereinsmitglieder?
23.
-
24.)
Freundschaften oder Bekanntschaften Elsers aufgrund seiner Vereinstätigkeit oder sonstigen Umganges?
Elser gehörte nach seinen Angaben im Jahre 1929 einem Abstinenzler-Verein
in Kreuzlingen bei Konstanz als Mitglied an. Er will etwa 1 Jahr lang die Veranstaltungen des Vereins
regelmäßig besucht haben. Der größte Teil der Mitglieder soll Schweizer Staatsangehörigkeit gewesen
sein. Zu dieser Zeit verkehrte er auch in dem Restaurant "Falken" in Kreuzlingen, Hauptstraße.
VII.
1.)
Wer war der Vorstand des Abstinenzler-Vereins?
1.
Der damalige Vorstand des "Freier Abstinentenverein Kreuzlingen" besteht
heute nicht mehr.
2.)
Welches ist sein Leumund, welcher politischen Richtung gehört er an?
2.
Diese Vereinigung betätigt sich politisch nicht.
3.)
Wieviel Mitglieder zählte der Verein?
3.
Damals zählte der Verein ca. 30 Mitglieder.
4.)
Welcher sozialen Schichtung gehörten diese an?
4.
Die Mitglieder gehörten dem Mittelstand und Arbeiterkreisen an.
5.)
Welche politische Richtung vertrat dieser Verein?
5.
Der Verein war politisch neutral.
6.)
Welcher politischen Richtung gehörten die Mitglieder an?
6.
Die Mitglieder befassten sich nicht mit Politik.
7.)
In welcher Zeit war Elser Mitglied dieses Vereins?
7.
Elser war während 1 1/2 Jahren Mitglied in den Jahren 1929/1930.
8.)
Mit welchen der Mitglieder unterhielt Elser besondere Bindungen?
8.
Damals unterhielt Elser ein Verhältnis mit der Hilde Lang aus Konstanz,
welche ebenfalls im selben Abstinenzverein Mitglied war.
9.)
Welches war der Eindruck dieser Personen über die Persönlichkeit Elsers?
9.
Elser galt als flotter Bursche und war beliebt.
10.)
Welches war die Einstellung Elsers zu den deutschen politischen Verhältnissen?
10.
Die Einstellung Elser's zu den politischen Verhältnissen ist nicht bekannt.
11.)
Was sagt der Wirt des Restaurants "Falken" über Elser?
11.-14.
Das Restaurant "Falken" in Kreuzlingen befindet
sich nicht an der Hauptstrasse. Hier ist Elser vollständig unbekannt. Ermittlungen ergaben, dass Elser
im alkoholfreien Gasthof "zum Bären" in Kreuzlingen verkehrte. Nach Vorlage des Lichtbildes
ist er erkannt worden. Hier wurde er öfters mit den Eheleuten und Töchtern Freistetter aus Konstanz bemerkt.
Dieses Unternehmen basiert auf gemeinnütziger Grundlage und hat mit Politik nichts zu tun.
12.)
Mit wem hatte er in seinem Lokal besonderen Umgang?
13.)
Welches ist die Charakteristik und die politische Einstellung dieser Personen?
Nach seinen Angaben nahm Elser im Jahre 1929 an einem Trachtenfest in
St. Gallen teil. Elser war zu damaliger Zeit Mitglied des Trachtenvereins "Alpenrose"
in Konstanz. Der genaue Zeitpunkt der Veranstaltung in St. Gallen steht nicht fest. Elser glaubt
sich zu erinnern, dass es im Sommer gewesen ist.
VIII.
1.)
Wann fand dieses Trachtenfest statt?
1.
Im Jahre 1927 fand anlässlich der landwirtschaftlichen Ausstellung in St. Gallen ein Trachtenfest statt.
2.)
Wer veranstaltete dieses Trachtenfest?
2.-5.
Veranstalter war der Schweiz. landwirtschaftliche Verband.
3.)
Was ist über den Veranstalter bekannt?
4.)
Ist es eine politische Vereinigung oder ein unpolitischer Trachtenverein?
5.)
Wenn unpolitischer Verein, wie war die politische Zusammensetzung der Mitglieder?
6.)
Was ist über die Teilnahme Elsers an dieser Veranstaltung bekannt?
6.-8.
Eine Anwesenheit des Elser konnte nicht festgestellt werden.
Offiziell hat keine Konstanzer Trachtengruppe teilgenommen. Es konnte auch nicht ermittelt werden,
ob damals eine solche als Gast anwesend war.
7.)
Hat Elser auf diesem Trachtenfest Verbindungen zu Schweizern aufgenommen?
8.)
Hat er später mit einem Teilnehmer schriftlichen oder persönliche Verbindung gehabt?
In den Jahren 1928 bis 1930 will Elser wiederholt mit der Fähre von
Meersburg über Konstanz nach Kreuzlingen gefahren sein, um dort kleine Mengen Kaffee, Zucker, Kakao
und Tee einzukaufen. Bei diesen Reisen will er sich immer nur kurze Zeit auf schweizerischem Boden
aufgehalten haben.
IX.
1.)
War zu dieser Zeit ein Schmuggel mit den angeführten Gegenständen üblich?
1.
Der Schmuggel von Kaffee, Zucker, Kakao und Tee von Kreuzlingen nach
Konstanz ist seit vielen Jahren üblich.
2.)
War dieser Schmuggel leicht durchführbar?
2.
Für Ortskundige war in den Jahren 1928 - 1930 ein solcher Schmuggel
leicht durchzuführen.
3.)
Hat Elser bei diesen Fahrten Bekanntschaften in Kreuzlingen gemacht?
3.-7.
Die Geschäftsleute in Kreuzlingen können sich nicht an Elser erinnern,
sind aber der Meinung, dass die auf dem vorgewiesenen Lichtbilde veranschaulichte Person schon jemals in ihrem
Laden Einkäufe besorgt habe. Näheres ist nicht zu ermitteln.
4.)
Können sich die Geschäftsleute in Kreuzlingen seiner erinnern?
5.)
Wenn ja, hat er die Geschäfte allein besucht?
6.)
Wenn nein, mit wem?
7.)
Was ist sonst über Elser anlässlich dieser Fahrten, die z. T. vor seiner Zugehörigkeit
zum Abstinenzler-Verein in Kreuzlingen liegen, zu ermitteln?
Im Frühjahr 1930 fuhr Elser nach seiner Aussage und nach Aussage der
Mathilde Niedermann, seiner damaligen Geliebten, nach Genf, um dort durch eine Ärztin eine Abtreibung
vornehmen zu lassen. Name und Anschrift dieser Ärztin sind beiden nicht bekannt. Die Niedermann will
die Ärztin allein aufgesucht haben, während Elser in der Stadt spazieren ging.
Die Ärztin soll die Abtreibung abgelehnt haben, da der Grad der Schwangerschaft dieses verhinderte.
Elser will, nachdem er dieses von der Niedermann erfahren hatte, die Ärztin ebenfalls aufgesucht haben,
um von dieser eine Bestätigung der Angaben der Niedermann zu erhalten. Die Ärztin soll auch ihm bestätigt
haben, dass eine Abtreibung nicht mehr möglich sei. Beide haben in einem Hospiz 2 Nächte und 1 Tag gewohnt.
Das Hospiz befindet sich in der Nähe eines großen freien Platzes, den man, vom Bahnhof kommend, nach
Überschreiten einer großen Brücke erreicht.
X.
Eine Anwesenheit des Georg Elser und der Mathilde Niedermann lässt
sich in Genf nicht nachweisen. Eine Ärztin oder Hebamme mit Namen Gogulat ist unbekannt. In Genf ist
im Jahre 1937 die Hebamme Frau Julia Marie Gogniat gestorben. Ob es sich um diese Frau handelte, lässt
sich nicht mehr ermitteln.
1.)
Wann sind Elser und die Niedermann in Genf gewesen?
2.)
Wie haben sich beide in den Hotels eingetragen?
3.)
Ist die Ärztin festzustellen?
4.)
Was sagt sie über das Vorbringen der beiden aus?
5.)
Hat Elser sich in Genf mit anderen Personen getroffen?
6.)
Wie lange war er in Genf?
7.)
Was sagt der Hotelier bzw. die Angestellten des Hotels über das Verhalten
der beiden und deren Umgang aus?
Im gleichen Frühjahr fuhr die Mathilde Niedermann auch nach Weinfelden,
um bei einem dortigen Arzt eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Die Adresse des Arztes soll einem Zeitungsinserat
entnommen worden sein. Die Niedermann hat dazu angegeben, dass sie den Arzt nicht antraf, weil er angeblich
verreist oder verzogen war. Ein Zeuge gab jedoch an, die Niedermann habe ihm nach ihrer Rückkehr mitgeteilt,
der Arzt hätte sie abgewiesen, weil die Schwangerschaft bereits im 3. Monat war.
Elser bestreitet, mit der Niedermann gemeinsam in Weinfelden gewesen zu sein, während die Niedermann angibt,
dass Elser sie auf der Fahrt begleitet hätte.
XI.
Die Ärzte in Weinfelden können sich weder an die Niedermann noch an Elser
erinnern. Die Hotelmeldescheine vom Jahre 1930 sind nicht mehr vorhanden.
1.)
Welches ist der Arzt, bei dem die Niedermann und Elser vorgesprochen haben?
Elser hat angegeben, dass
er im Jahre 1930 des öfteren von Konstanz
aus in die Schweiz gefahren sei, um dort Lebensmittel einzukaufen. So sei er auch nach Emmighofen gefahren,
um dort aus dem Geschäft von Geiselhardt Mehl, Zucker und andere Lebensmittel einzukaufen.
XII.
Der Kolonialwarenhändler Geisselhardt in Emmishofen kennt den
Georg Elser nicht. Nach Vorweisung des Lichtbildes erklärte er, dass er die abgebildete Person
in seinem Laden schon gesehen habe. An die Zeit und die näheren Umstände kann er sich aber nicht
mehr erinnern. Er ist auch nicht in der Lage, über sonstige Bekannte des Elser in der Schweiz
Auskunft geben zu können. Geisselhardt betätigt sich politisch nicht. Er geniesst einen guten Leumund.
1.)
Kennt Geiselhardt Elser?
2.)
Wenn ja, wie oft ist er nach dort gekommen?
3.)
Wann ist er dort gewesen?
4.)
Woher kennen sich beide?
5.)
Kann Geiselhardt Angaben über sonstige Bekannte des Elser in der Schweiz machen?
Am 3.6.39 verunglückte durch Autounfall auf der Straße Oberkochen -
Königsbronn (Württemberg) der Kaufmann Karl Kuch, 16.12.89 zu Königsbronn geboren, wohnhaft gewesen
zuletzt in Zürich, Scheuchzerstraße 40, mit seiner Ehefrau tödlich. Kuch ist oft in Königsbronn aufhältlich
gewesen. Von verschiedenen Zeugen wird Kuch ein schlechter Leumund ausgestellt und von anderen behauptet,
dass er mit Elser in Verbindung gestanden habe. Kuch soll sich in der Schweiz in deutschfeindlichem Sinne betätigt haben.
XIII.
Kuch Karl geb. 6.12.1889 in Königsbronn, von Zürich, Musikalienhändler, wohnhaft gewesen
Scheuchzerstr. 40 in Zürich 6, am 3.6.1939 gestorben.
1.)
Was ist über die Persönlichkeit des Kuch bekannt?
1.
Über den verstorbenen Kuch sind in der Schweiz keine Vorstrafen bekannt.
2.)
Wann ist er nach der Schweiz gekommen?
2.
Er ist am 16.10.1909 erstmals und am 14.3.1916 letztmals von Deutschland her
nach der Schweiz zugezogen.
3.)
Was hat er dort getrieben?
3.
Anfänglich betätigte er sich in hiesigen Pianofabriken als Vorarbeiter und Betriebsleiter und später
als Musikalienhändler auf eigene Rechnung.
4.)
Wie ist er in politischer und krimineller Hinsicht bekannt?
4.-5.
Während des langjährigen Aufenthaltes in der Schweiz hat sich Kuch nie in
deutschfeindlichem Sinne betätigt.
5.)
Hat er sich in deutschfeindlichem Sinne betätigt?
6.)
Hatte er Umgang mit Emigranten?
6.-7.
Über einen Umgang des Kuch mit Emigranten ist nichts bekannt.
7.)
Wenn ja, mit welchen?
8.)
Besaß er Aufenthaltsgenehmigung in der Schweiz oder hatte er die schweizerische Staatsbürgerschaft erworben?
8.
Kuch hat im Jahre 1925 das Schweizer Bürgerrecht erworben.
9.)
Sind Verbindungen des Kuch nach Deutschland bekannt?
9.-10.
Kuch ist öfters nach Deutschland gereist. Dessen Verbindungen sind aber
nicht bekannt.
10.)
Wann und wie oft reiste er nach Deutschland?
11.)
Ist bekannt, dass Elser ihn in Zürich oder sonst in der Schweiz besucht hat?
11.-12.
Von einem Besuche des Georg Elser bei Kuch hat nichts in Erfahrung
gebracht werden können.
12.)
Wenn ja, was ist über diese Besuche bekannt?
13.)
Hatte Kuch eine Verbindung mit Otto Strasser?
13.
Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass Kuch mit Otto
Strasser bekannt war.
Der Vertreter der Uhrenfabrik Rothmund in Meersburg am Bodensee, bei der Elser
geraume Zeit als Schreiner beschäftigt gewesen ist, Levkowitz, gelangte am 29.9.1930 von Konstanz zur
Abmeldung. Levkowilz ist Jude und polnischer Staatsangehöriger. Im Sommer 1935 oder 1936 hat sich Levkowitz
nach Aussage mehrerer Zeugen in Zürich aufgehalten und Zeugen gegenüber Äußerungen dahin getan, dass der Führer
und Reichskanzler ermordet werden müsste. Bei dieser Gelegenheit hat Levkowitz auch erzählt, dass er sich
überwiegend in Straßburg und Paris aufhalte und dort sowie in der Schweiz im deutschfeindlichen Sinne tätig sei.
Levkowitz soll mit Elser sehr gut bekannt gewesen sein. Elser soll ihn des öfteren besucht haben.
XIV.
Ein Vertreter der Uhrenfabrik Rothmund in Meersburg a. Bodensee mit Namen
Levkowitz war in Zürich nie gemeldet und figuriert auch nicht in der Hotelkontrolle. Dessen Aufenthalt in der
Schweiz lässt sich nicht nachweisen.
1.)
Wo hält sich Levkowitz z. Zt. in der Schweiz auf?
2.)
Wann hat er sich in der Schweiz aufgehalten?
3.)
Welcher Tätigkeit ging bzw. geht er dort nach?
4.)
In welchem politischen Sinne betätigt sich Levkowitz?
5.)
Sind Äußerungen des Levkowitz obenerwähnter Art bekannt geworden?
Elser gibt an, dass er eine gewisse Hilda Lang in den Jahren 1929/30, die
in Kreuzlingen/Schweiz in Arbeit stand, des öfteren von ihrer Arbeitsstelle abgeholt hätte. Die Lang hatte
ihren ständigen Wohnsitz in Konstanz.
XV.
Lang Hilda geb. 4.8.1904 deutsche Reichsangehörige, Zuschneiderin,
wohnhaft gewesen in Konstanz.
1.)
Wo war die Lang beschäftigt?
1.
Hilda Lang war vom August 1923 - 17.6.1936 bei der Firma Pius Wieler
Söhne in Kreuzlingen in Stellung.
2.)
Wie wird sie beurteilt?
2.
Gegen sie hat nichts Nachteiliges in Erfahrung gebracht werden können.
3.)
Ist Elser gesehen worden, als er die Lang abholte?
3.
Elser ist wiederholt mit der Lang zusammen gesehen worden.
4.)
Mit wem hatte die Lang sonst Umgang?
4.-6.
Vide unter VII. Freier Abstinentenbund
5.)
Mit wem ist Elser bei dieser Gelegenheit sonst zusammengekommen?
Am 30.4.28 erhielt Elser aufgrund einer persönlichen Vorstellung ein
schriftliches Stellenangebot von der Möbelfabrik Kreuzlingen, Inhaber A. Lutz. Elser will die Stellung
nicht angetreten haben.
XVI.
Der frühere Inhaber der Möbelfabrik Kreuzlingen, A. Lutz, ist gestorben.
Bei diesem Unternehmen ist über Elser nichts bekannt.
1.)
Welchen Eindruck hinterließ Elser bei der Vorstellung?
2.)
Welchen Grund gab er an für seinen Stellungswechsel?
3.)
Woher kannte er die Möbelfabrik?
4.)
Was weiß der Inhaber bzw. derjenige, bei dem sich Elser vorstellte, sonst über Elser zu berichten?
Von Grenzbeamten, die am 8.11.1939 von 20.00 bis 22.00 Uhr im und am
Wessenberggarten in Konstanz. Dienst verrichteten, ist, unabhängig voneinander, folgendes mitgeteilt worden:
XVII.
Ermittlungen und Kontrolle der Diensteinteilungen haben ergeben, dass zu den
angegebenen Zeiten kein schweizerischer Grenzbeamter in der Nähe des Wessenberggartens ordentlich oder ausserordentlich
Dienst versah. Es sind damals auch keine Meldungen eingegangen über irgendwelche Beobachtungen. Es kommt vielfach
vor, dass auf der Dufourstrasse beim Restaurant "Stadtweiher" in Kreuzlingen Kraftwagen stationiert sind. Ob dies
auch am 8.11.1939 der Fall war, kann nicht mehr festgestellt werden.
Der im Garten befindliche Weg zwischen Restaurant "Stadtweiher" und der "Villa" wird nicht als Durchgang benützt.
Auf der Seite der Dufourstrasse ist das Schloss der Türe mit einer derart komplizierten Vorrichtung versehen, dass nur
gut unterrichtete Personen in der Lage sind, diese Türe zu öffnen.
Georg Elser kann in Zürich nicht nachgewiesen werden. Die Firma Elser & Co., Chemische Fabrikation, Altstetter Str. 77
in Zürich existiert nicht mehr. Der Firmeninhaber Emil Elser, Industriestrasse 160 in Zürich 9 stellt jede Verbindung
mit Georg Elser in Abrede. Weitere Ermittlungen ergaben, dass diese Behauptung den Tatsachen entspricht.
a)
Gegen 20.15 Uhr tauchte auf der Grenzstraße (schweizerisches Gebiet) eine männliche Person auf,
die langsam hin- und herging. Die Strasse war nicht belebt, weshalb der Unbekannte besonders auffiel. Der
Unbekannte muss ab und zu den Drahtzaun angefasst und daran gerüttelt haben, denn die Grenzbeamten vernahmen
mehrfach entsprechende Geräusche. Der Mann soll sich vorwiegend dicht an dem Drahtzaun der Grenzstraße hin-
und herbewegt haben. Erst beim Nähern eines Grenzbeamten hat er sich auf die andere Straßenseite begeben.
Die Beobachtung wurde von den Grenzbeamten bis etwa um 21.15 Uhr gemacht.
b)
In der Zeit zwischen 21.30 und 21.45 Uhr kam ein unbekannter Mann aus dem Garten zwischen dem
Restaurant "Stadtweiher" und der danebenliegenden Villa, überquerte die Grenzstraße, trat dicht an
den Grenzzaun heran und schaute in ziemlich auffälliger Weise in den Wessenberggarten hinein. Zu dieser Zeit
kam aus Dichtung Kreuzlinger Straße ein schweizerischer Zollbeamter entlang. Der Unbekannte, der den Zollbeamten
auch rechtzeitig gesehen haben muss, begab sich sehr rasch in den Garten der Villa zurück. Auch dem Zollbeamten
musste der Unbekannte verdächtig vorgekommen sein, denn er stellte sich, nachdem er noch 20 Meter die Straße
entlang gegangen war, hinter einen Busch an der Straße.
Bald darauf kam der Unbekannte wieder aus dem Garten der Villa zurück und nahm, ohne den
schweizerischen Beamten zu sehen, erneut an dem Grenzzaun Aufstellung. Jetzt trat der Beamte hinter dem Busch
hervor und ging langsam auf den Unbekannten zu. Als dieser dies bemerkte, ging er schnell in den Garten der Villa zurück.
Er wurde dann nicht mehr gesehen. Dagegen wurden nach wenigen Minuten das Zuschlagen eines Gartentores und die
Geräusche eines in Richtung der Brückenstraße abfahrenden Kraftwagens deutlich gehört.
Der schweizerische Zollbeamte
hatte die Verfolgung des Unbekannten in den Garten der Villa hinein nicht durchgeführt, sondern seinen ursprünglichen
Weg in Richtung des Emmishofer Zolls fortgesetzt.
Die Beschreibung des Unbekannten lautet übereinstimmend wie folgt:
1.70 - 1.75 m groß, schlanke bis vollschlanke Figur, schätzungsweise 35 - 45 Jahre alt, bartlos, bekleidet mit leichtem
hellen Mantel und dunklem Hut, dessen Rand nach vorn, evtl. auch nach hinten heruntergezogen war.
Über die örtlichen Verhältnisse im Wessenberggarten und im nächsten Bereich der Grenzstraße gibt die beiliegende
Situationsskizze Auskunft. Zu A) auf dieser Skizze ist zu sagen, dass der erwähnte Garten zwischen dem Restaurant
"Stadtweiher" und der daneben liegenden Villa einen Durchgang zur Dufourstraße darstellt. Da in diesem
Garten selbst eine Garage nicht vorhanden sein soll, ist es möglich, dass der in Absatz B) erwähnte Kraftwagen zur
Abfahrt bereitgestanden hat.
Die Grenzbeamten haben aufgrund ihrer Erfahrungen den bestimmten Verdacht ausgesprochen, dass der Unbekannte
zunächst durch das Rütteln am Grenzzaun einer noch auf deutscher Seite befindlichen Person ein verabredetes
Zeichen geben wollte, und nach dieser Person Ausschau gehalten hat, als er später gegenüber vom Restaurant
"Stadtweiher" angestrengt in den Wessenberggarten hinein sah.
Die vorseitig im Absatz a) erwähnte Wegstrecke des Unbekannten auf der Grenzstraße (siehe Skizze unter B) bis C)
stellt die kürzeste Entfernung von der Grenze bis zum Festnahmeort des Elser im Wessenberggarten dar.
1.)
Welche Beobachtungen haben die schweizerischen Zollbeamten gemacht, die auf der schweizerischen Seite am
Wessenberggarten am Abend des 8. November 39 Dienst getan haben?
2.)
Ist ihnen gegen 20.15 Uhr auf der Grenzstraße jene obenerwähnte Person begegnet,
die am Grenzzaun langsam hin- und herging und hin und wieder am Drahtzaun rüttelte?
3.)
Haben die schweizerischen Zollbeamten in der Zeit zwischen 21.30 und 21.45 Uhr am 8. November
1939 jene Person gesehen, deren Beschreibung auf die Person zu a) passt, die an den Grenzzaun herantrat, in
den Wessenberggarten hineinsah und nach Auftauchen des Zollbeamten in den Garten der Villa verschwand?
4.)
Welches ist der Zollbeamte, der auf den Unbekannten nach Beobachtung hinter einem Busch hinzutrat
und diesen im Garten der Villa verschwinden sah?
5.)
Welches sind seine Beobachtungen über die unbekannte Person?
6.)
Welche Wahrnehmungen hat er bezüglich des Zuschlagens eines Gartentores und des Geräusches
eines in Richtung der Brückenstraße abfahrenden Kraftwagens gemacht?
7.)
Welche andere Wahrnehmungen sind von den Zollbeamten im Laufe des 8. November und in der
darauffolgenden Nacht an jener Stelle der schweizer Grenze gemacht worden, die dem Wessenberggarten gegenüberliegt?
[Auf diese Fragen zu einem Brand im Herbst 1938
auf der "Deutschland", einem Schiff der HAPAG ging der Ermittlungsbericht nicht ein.]
1.)
Ist es üblich, dass Waren, die aus St. Gallen nach Amerika verschifft werden sollen,
über Hamburg geleitet werden? zu Blatt 2
2.)
Bei dem 2. Anruf des angeblichen Scherfl bei Jacky-Mäder u. Co. kam das Gespräch
auf den Dampfer "Deutschland".
Wurde ihm dieser von der Firma benannt oder kam er von sich aus auf den Schiffsnamen?
Warum wurde nicht der nächste, sondern der übernächste Dampfer "Deutschland" gewählt? zu Blatt 3
3.)
Schriftliche Bestätigung der Auftragserteilung trug das Datum vom 13.10.38 (Röhrschach)
und war ambulant aufgegeben. Wann und wo zur Post gegeben (der Begriff "ambulant" in diesem
Zusammenhang ist hier nicht gebräuchlich und daher auch nicht klar)? Von ambulanter Aufgabe ist später
nochmals die Rede, und zwar beim Eingang der Formulare über Konsularfakturen. zu Blatt 4/5
4.)
Unterhaltung Pillmaier-Mühleis einige Tage nach dem 20.11. in den Räumen der Fa. Jacky-Mäder:
M. erklärt, dass eine Spieluhr nicht so viel Sprengstoff enthalten könne, um einen Schiffsbrand zu verursachen.
Frage: Hat M. die Spieluhr gesehen?
Woraus schließt M., dass Scherfl Jude ist?
Warum sollte Jacky-Mäder den Namen des Absenders der Kiste den deutschen Behörden nicht bekanntgeben?
Welche Schritte wollte M. in jüdischen Kreisen gegen die Firma unternehmen? zu Blatt 6/7
5.)
Nach dem 10.12.38 zeigte M. dem Pillmaier eine Postkarte mit Poststempel "Kreuzlingen",
worauf Scherfl mitteilte, dass er krank sei.
Frage: Welche ständige oder zeitweilige Verbindung bestand
zwischen M. und Sch. und was ergab sich noch aus der Karte? Elser, der Attentäter von München, ist oft
in Kreuzlingen aufhältlich gewesen. Bestehen Verbindungen zwischen Mühleis, Scherfl und Elser? zu Blatt 7
6.)
Zu welchem Zweck hatte Mühleis ein Generalabonnement des SBB. im Besitz? zu Blatt 14
7.)
Der im Verdacht der Mittäterschaft stehende Julius Wiesel stammt aus Kreuzlingen.
Hatte W. Verbindungen zu Elser? zu Blatt 19
8.)
Woher hat Mühleis Kenntnis davon, dass der Inhalt der Kiste nicht aus Antiquitäten,
sondern aus Goldwaren bestanden habe? zu Blatt 21/22
9.)
M. weiß angeblich, dass sich Scherfl in einem Konzentrationslager befindet. Woher? zu Blatt 23
10.)
Vollständige Personalien der Gebrüder Felix und Bernhard Mehl, da sonst Überprüfung nicht möglich, zu Blatt 29
11.)
Näheres über den Aufenthalt des Mühleis in Kreuzlingen feststellen (ev. Verbindung mit Elser), zu Blatt 40
Welcher politischen Richtung hat Mühleis angehört?
Hatte er Verbindung zu deutschen Emigranten, insbesondere zu
Strasser-Anhängern?
Kannte er Strasser?
Ist er jeweils an Orten aufhältlich gewesen, an denen sich auch Strasser
aufhielt?
12.)
Wer von den anderen im Vorgang genannten Personen hat Verbindungen zu Strasser oder seinen
Anhängern gehabt?