Es war ein Montag im Mai, als das Wort Zivilcourage geboren wurde. Pfiffe gellten durch das Parlament, während der
junge Abgeordnete und spätere Reichskanzler seine erste Rede hielt.
Es ging um ein Gesetz über die Rentenbank, gegen das er sich aussprach. Ironisch und fast beleidigend waren seine Worte, die Reaktionen darauf mindestens ebenso harsch.
Später saß der Abgeordnete mit einem älteren Verwandten beim Essen, der meinte: "Du hattest ja ganz Recht, aber so etwas sagt man doch nicht." Der Jüngere antwortete: "Wenn du meiner Meinung warst, hättest du mir beistehen sollen."
Es war der 17. Mai 1847, und die Schmach im Vereinigten preußischen Landtag traf den jungen Abgeordneten Otto von Bismarck so tief, dass er später noch von diesem Erlebnis erzählte. "Mut auf dem Schlachtfeld ist bei uns Gemeingut", meinte er zu seinem Vertrauten Robert von Keudell, "aber Sie werden nicht selten finden, dass es ganz achtbaren Leuten an Civilcourage fehlt."
Damit schuf Bismarck einen Begriff, den wir noch heute verwenden: Zivilcourage zeigt, wer für seine Überzeugung mutig eintritt und dafür auch Risiken in Kauf nimmt.
Martin Knobbe, Die Tugend der Wächter, in: "Stern" 31/2005 S.113
Graf Otto von Bismarck, Fürst von Bismarck-Schönhausen, Herzog von Lauenburg,
(* 01.04.1815 in Schönhausen, 30.07.1898 in Friedrichsruh), genannt der "Eiserne Kanzler"
war Gründer und erster Kanzler des Deutschen Reiches.